Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
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Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Hej nochmal, Stefan!
Da hast Du absolut Recht. Normale Bodenorganismen werden nicht den gesamten Torf in einem Jahr verstoffwechseln. Allerdings gibt es mit Sicherheit biotechnologische Verfahren, die in der Lage sind, viel größere Torfmengen in viel kürzerer Zeit abzubauen. Aber das spielt hier ja keine Rolle. Allerdings darf man nicht vergessen, dass bei der Kakteenaussaat Bodentemperaturen erzielt werden, die weit über das übliche Maß hinausgehen. Es gilt die alte biologische Faustregel: Temperaturanstieg um 10° führt zu einer Verdoppelung der Stoffwechselprozesse.
Deine Frage nach der Abhängigkeit der Bodenatmung von der Substrattiefe ist spannend. Eindeutig kann ich Dir das nicht beantworten. In meiner Berechnung bin ich von einer Substrattiefe von 2-3 cm ausgegangen. Sicherlich wird die Bodenatmung zunehmen, wenn das Substrat tiefer ist (immer vorausgesetzt, es findet sich darin von oben bis unten eine Kohlenstoffquelle). In der Natur nimmt der Kohlenstoffgehalt von natürlichen Böden von oben nach unten ab, die Bodenatmung geschieht vor allem in den oberen Bodenschichten, wo sich auch am meisten totes organisches Material (Humus) findet. Das regelmäßige Bearbeiten von Ackerböden führt aber zu anderen Voraussetzungen, weswegen hier die Bodenatmung deutlich höher als in natürlich entstandenen Böden ist. So gesehen entsprechen die Verhältnisse in unseren Töpfen eher einem Ackerboden als einem natürlich gewachsenen. Du kannst hier also annährungsweise postulieren: Doppelte Substrattiefe, nahezu doppelte Bodenatmung. Aber aufgepasst! Bei der Aussaat stauen wir ja die substratbefüllten Pflanzgefäße relativ hoch mit Wasser an. Die Bodenatmung ist in schlecht durchlüfteten und/oder staunassen Böden deutlich geringer. Unterhalb des Wasserspiegels ist der Abbau von Biomasse deutlich verzögert. Ein solches Phänomen ist ja eben auch die Grundlage für das Entstehen von Torf in den Hochmooren.
Mir geht es hier darum, alle Möglichkeiten der CO2-Versorgung unserer Sämlinge im geschlossenen Fleischerglas theoretisch zu überprüfen. Es steht fest, dass das CO2, welches sich ursprünglich in der Luft des Fleischergläser befindet, unmöglich das Wachsen von Sämlingen ermöglichen kann, obwohl diese mit ihrer genialen CAM-Photosynthese noch geringste CO2-Konzentrationen nutzen können. Die Idee, CO2 könnte aus Carbonaten im Boden kommen, glaube ich verwerfen zu können. Für die Bodenatmung gilt meines Erachtens:
1. Bei rein mineralischem Substrat kann kein CO2 aus Bodenatmung entstehen.
2. Bei Substrat mit organischer Beimischung (wie von Fleischer empfohlen) kann sehr wohl ausreichend CO2 aus Bodenatmung entstehen, aber nur, wenn das Substrat nicht völlig totsterilisiert wurde oder nach der Sterilisation eine Rekontamination mit diesen Organismen erfolgte.
3. So, wie Fleischer das selbst gehandhabt hat, halte ich Bodenatmung in seinen Gläsern für unwahrscheinlich.
PS: Wenn ich nicht in Ingelheim bin, gehe ich Angeln, Hundegassi oder (seit neuestem) fremde Kakteensammlungen besichtigen …. Ist Deine Sammlung auch für Besichtigungen geöffnet?
Da hast Du absolut Recht. Normale Bodenorganismen werden nicht den gesamten Torf in einem Jahr verstoffwechseln. Allerdings gibt es mit Sicherheit biotechnologische Verfahren, die in der Lage sind, viel größere Torfmengen in viel kürzerer Zeit abzubauen. Aber das spielt hier ja keine Rolle. Allerdings darf man nicht vergessen, dass bei der Kakteenaussaat Bodentemperaturen erzielt werden, die weit über das übliche Maß hinausgehen. Es gilt die alte biologische Faustregel: Temperaturanstieg um 10° führt zu einer Verdoppelung der Stoffwechselprozesse.
Deine Frage nach der Abhängigkeit der Bodenatmung von der Substrattiefe ist spannend. Eindeutig kann ich Dir das nicht beantworten. In meiner Berechnung bin ich von einer Substrattiefe von 2-3 cm ausgegangen. Sicherlich wird die Bodenatmung zunehmen, wenn das Substrat tiefer ist (immer vorausgesetzt, es findet sich darin von oben bis unten eine Kohlenstoffquelle). In der Natur nimmt der Kohlenstoffgehalt von natürlichen Böden von oben nach unten ab, die Bodenatmung geschieht vor allem in den oberen Bodenschichten, wo sich auch am meisten totes organisches Material (Humus) findet. Das regelmäßige Bearbeiten von Ackerböden führt aber zu anderen Voraussetzungen, weswegen hier die Bodenatmung deutlich höher als in natürlich entstandenen Böden ist. So gesehen entsprechen die Verhältnisse in unseren Töpfen eher einem Ackerboden als einem natürlich gewachsenen. Du kannst hier also annährungsweise postulieren: Doppelte Substrattiefe, nahezu doppelte Bodenatmung. Aber aufgepasst! Bei der Aussaat stauen wir ja die substratbefüllten Pflanzgefäße relativ hoch mit Wasser an. Die Bodenatmung ist in schlecht durchlüfteten und/oder staunassen Böden deutlich geringer. Unterhalb des Wasserspiegels ist der Abbau von Biomasse deutlich verzögert. Ein solches Phänomen ist ja eben auch die Grundlage für das Entstehen von Torf in den Hochmooren.
Mir geht es hier darum, alle Möglichkeiten der CO2-Versorgung unserer Sämlinge im geschlossenen Fleischerglas theoretisch zu überprüfen. Es steht fest, dass das CO2, welches sich ursprünglich in der Luft des Fleischergläser befindet, unmöglich das Wachsen von Sämlingen ermöglichen kann, obwohl diese mit ihrer genialen CAM-Photosynthese noch geringste CO2-Konzentrationen nutzen können. Die Idee, CO2 könnte aus Carbonaten im Boden kommen, glaube ich verwerfen zu können. Für die Bodenatmung gilt meines Erachtens:
1. Bei rein mineralischem Substrat kann kein CO2 aus Bodenatmung entstehen.
2. Bei Substrat mit organischer Beimischung (wie von Fleischer empfohlen) kann sehr wohl ausreichend CO2 aus Bodenatmung entstehen, aber nur, wenn das Substrat nicht völlig totsterilisiert wurde oder nach der Sterilisation eine Rekontamination mit diesen Organismen erfolgte.
3. So, wie Fleischer das selbst gehandhabt hat, halte ich Bodenatmung in seinen Gläsern für unwahrscheinlich.
PS: Wenn ich nicht in Ingelheim bin, gehe ich Angeln, Hundegassi oder (seit neuestem) fremde Kakteensammlungen besichtigen …. Ist Deine Sammlung auch für Besichtigungen geöffnet?
norna- Kakteenfreund
- Anzahl der Beiträge : 84
Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Im Prinzip ja, aber momentan steht sie noch im dunklen Keller.norna schrieb:Ist Deine Sammlung auch für Besichtigungen geöffnet?
sensei66- Kakteenfreund
- Anzahl der Beiträge : 1706
Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Ich lese hier auch noch mit. Die Sache mit den fehlenden Bodenbakterien ist mir auch gleich aufgefallen (dafür gebe ich mir mal 10 Punkte ). Die Frage, woher denn nun wohl das CO2 kommt, finde ich jetzt aber wirklich hochspannend.
@plejadengucker
Danke Dir für die Fleischerdatei. Muss ich dringend noch lesen.
@plejadengucker
Danke Dir für die Fleischerdatei. Muss ich dringend noch lesen.
Gast- Gast
Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Hallo zusammen,
ich komme mit der abgeänderten Fleischermethode ganz gut zu recht, mache das nun seit 4 Jahren mit ca. 100 Portionen jedes Jahr.
Einfach mal hier nachlesen, so sieht mein Rezept aus: http://kakteenundmehr.jimdo.com/aussaat/
Die Aufenthaltsdauer der Sämlinge im Beutelchen mache ich abhängig von der Sorte der Kakteen bzw. besser gesagt davon abhängig, sobald die ersten "Stachelchen" kommen, außerdem pikiere ich relativ schnell und fange auch relativ bald nach dem Pikieren mit einer leichten Düngerlösung an. Wie gesagt damit komme ich sehr gut zurecht, anfangs habe ich es auch mit einer Sandschicht als oberstes Substrat probiert, hatte da aber Probleme mit Algen und auch damit, dass die Sämlinge ihre Wurzeln ins Substrat brachten.
ich komme mit der abgeänderten Fleischermethode ganz gut zu recht, mache das nun seit 4 Jahren mit ca. 100 Portionen jedes Jahr.
Einfach mal hier nachlesen, so sieht mein Rezept aus: http://kakteenundmehr.jimdo.com/aussaat/
Die Aufenthaltsdauer der Sämlinge im Beutelchen mache ich abhängig von der Sorte der Kakteen bzw. besser gesagt davon abhängig, sobald die ersten "Stachelchen" kommen, außerdem pikiere ich relativ schnell und fange auch relativ bald nach dem Pikieren mit einer leichten Düngerlösung an. Wie gesagt damit komme ich sehr gut zurecht, anfangs habe ich es auch mit einer Sandschicht als oberstes Substrat probiert, hatte da aber Probleme mit Algen und auch damit, dass die Sämlinge ihre Wurzeln ins Substrat brachten.
kakteen und mehr- Kakteenfreund
- Anzahl der Beiträge : 695
Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Mir geht es hier darum, alle Möglichkeiten der CO2-Versorgung unserer Sämlinge im geschlossenen Fleischerglas theoretisch zu überprüfen. Es steht fest, dass das CO2, welches sich ursprünglich in der Luft des Fleischergläser befindet, unmöglich das Wachsen von Sämlingen ermöglichen kann, obwohl diese mit ihrer genialen CAM-Photosynthese noch geringste CO2-Konzentrationen nutzen können. Die Idee, CO2 könnte aus Carbonaten im Boden kommen, glaube ich verwerfen zu können. Für die Bodenatmung gilt meines Erachtens:
1. Bei rein mineralischem Substrat kann kein CO2 aus Bodenatmung entstehen.
2. Bei Substrat mit organischer Beimischung (wie von Fleischer empfohlen) kann sehr wohl ausreichend CO2 aus Bodenatmung entstehen, aber nur, wenn das Substrat nicht völlig totsterilisiert wurde oder nach der Sterilisation eine Rekontamination mit diesen Organismen erfolgte.
3. So, wie Fleischer das selbst gehandhabt hat, halte ich Bodenatmung in seinen Gläsern für unwahrscheinlich.
Hallo Wolfram,
wenn Deine Rechnung(en) nicht hinhauen, dann liegt es wohl an Deinen Annahmen für diese.
Wo hapert es also, denn dass die Fleischermethode funktioniert, ist unumstritten.
Die folgende Annahme ziehe ich in Zweifel: wieviel Glucose ist in dem Sämling. Hier hast Du, wenn ich das richtig sehe, das Verhältnis 1 zu 5 eingesetzt. Das widerspricht meinen Erfahrungen, denn die Sämlinge bestehen fast nur aus Wasser, wie man bei "den getrockneten Leichen" sieht, da bleibt fast nichts übrig, wie ich immer wieder feststellte.
Zum Thema Mikroorganismen und Bodenatmung: mit den Samenkörnchen werden Bakterien und Mikroorganismen in das sterilisierte Glas gebracht, das setzt eine Reaktion in Gang.
Weiterer Hinweis: jeder Kakteen-Samen enthält einen kleinen Vorrat an "Starthilfen" - die werden beim Keimen oft in komplizierten Prozessen umgebaut und dienen zum Wachsen der Wurzeln usw.
Fazit: Deine Rechnung hat nicht alles erfasst; es gibt noch Diskussionsbedarf.
Sei gegrüßt
Dieter
1. Bei rein mineralischem Substrat kann kein CO2 aus Bodenatmung entstehen.
2. Bei Substrat mit organischer Beimischung (wie von Fleischer empfohlen) kann sehr wohl ausreichend CO2 aus Bodenatmung entstehen, aber nur, wenn das Substrat nicht völlig totsterilisiert wurde oder nach der Sterilisation eine Rekontamination mit diesen Organismen erfolgte.
3. So, wie Fleischer das selbst gehandhabt hat, halte ich Bodenatmung in seinen Gläsern für unwahrscheinlich.
Hallo Wolfram,
wenn Deine Rechnung(en) nicht hinhauen, dann liegt es wohl an Deinen Annahmen für diese.
Wo hapert es also, denn dass die Fleischermethode funktioniert, ist unumstritten.
Die folgende Annahme ziehe ich in Zweifel: wieviel Glucose ist in dem Sämling. Hier hast Du, wenn ich das richtig sehe, das Verhältnis 1 zu 5 eingesetzt. Das widerspricht meinen Erfahrungen, denn die Sämlinge bestehen fast nur aus Wasser, wie man bei "den getrockneten Leichen" sieht, da bleibt fast nichts übrig, wie ich immer wieder feststellte.
Zum Thema Mikroorganismen und Bodenatmung: mit den Samenkörnchen werden Bakterien und Mikroorganismen in das sterilisierte Glas gebracht, das setzt eine Reaktion in Gang.
Weiterer Hinweis: jeder Kakteen-Samen enthält einen kleinen Vorrat an "Starthilfen" - die werden beim Keimen oft in komplizierten Prozessen umgebaut und dienen zum Wachsen der Wurzeln usw.
Fazit: Deine Rechnung hat nicht alles erfasst; es gibt noch Diskussionsbedarf.
Sei gegrüßt
Dieter
Epi-Anzucht-Fan- Kakteenfreund
- Anzahl der Beiträge : 1375
Lieblings-Gattungen : Turbinicarpen; seit wenigen Jahren Epi-Hybriden
Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Hej an alle und vor allem an Dieter!
Der Zufall will es, dass ich die letzten 2 Stunden an meiner letzten Abhandlung zum Thema gesessen bin und dabei wahrscheinlich schon einige Antworten zu Deiner Fragestellung formuliert habe. Schau doch selber mal, ob Dir meine Theorie gefällt:
So, dann werde ich mal meine Meinung von mir geben, warum die Aussaat im Fleischerglas überhaupt nur gelingen kann.
Vorweg eine kurze Erinnerung: Aus 1 mg CO2 können Pflanzen 4 mg Glucose und damit auch ca. 4mg Trockenbiomasse aufbauen. Bei 80% Wassergehalt des Pflanzengewebes bringt das 20 mg Lebendbiomasse. Ein (idealisierterweise kugelrunder) Sämling von durchschnittlich 5 mm Durchmesser hat ein Volumen von 65 mm³. Das ist nicht viel, damit wiegt der Kleine so in etwa 65 mg. Dafür bräuchte er mindestens 3 mg CO2.
Okay soweit, aber woher nimmt der Sämling jetzt diese 3 mg CO2.
Ich habe nun gelesen und gelernt, dass Fleischer selbst 1-Liter-Einmachgläser (ich postuliere einen Glasdurchmesser von 10cm) benutzte und diese zu nur 2,5 bis 3 cm mit Substrat füllte. Also waren zum Zeitpunkt der Aussaat ca. 800 ml Luft im Glas mit darin enthaltenen 0,55 mg CO2. Wie schon einmal erwähnt, wäre damit ein nachhaltiges Wachstum unmöglich.
Jetzt tut´s wieder ein bisschen weh: Schlaue Leute (gemeint sind Physiker und Chemiker) kennen das ideale Gas-Gesetz. Dieses besagt, dass bei gleichbleibendem Druck das (mathematische) Produkt aus dem Gasvolumen und der herrschenden Temperatur immer gleich ist. Das heißt nichts anderes, als dass ein Gas sich ausdehnt, wenn es wärmer wird und sich wieder zusammenzieht, wenn es kälter wird. Macht doch mal den einfachen Versuch: Nehmt eine dünnwandige, aber gut verschließbare PET-Flasche (z.B. eine billige Mineralwasserflasche vom discounter). Die Flasche sollte völlig entleert und auch schon ausgetrocknet sein. Nun stellt die geöffnete Flasche mal ein Stunde in die volle Sonne. Dann verschließt Ihr die Flasche richtig fest und stellt sie in den Kühlschrank. Was Ihr dann nach zwei Stunden im Kühlschrank wiederfindet, nennen Physiker das ideale Gasgesetz: Die Flasche hat sich deutlich zusammengezogen.
Fleischers Einmachgläser können sich nicht wie PET-Flaschen zusammenziehen, das Gas (Luft) in den Gläsern aber schon. Beim Zusammenziehen der Luft im Fleischerglas würde ein Unterdruck entstehen. Dieser wird aber sofort durch einströmende Außenluft wieder ausgeglichen. Ein Original-Fleischerglas ist zwar mit Ringgummi und Deckelklammern versehen, aber dieser Verschluss ist keineswegs luftdicht! (Luftdichte Einmachgläser erhält man nur durch längeres Erhitzen des verschlossenen Glases mit Inhalt auf mindestens 80°C. Aber das kann man ja nicht machen, wenn die Samen schon drin sind.)
So, nun schau ´mer mal, was das ideale Gasgesetz unseren Sämlingen so bringt.
Fleischer beschrieb, dass eine deutliche Nachtabsenkung der Temperatur auf 10°C (!) mit darauf folgenden Tagestemperaturen von ca. 30°C bei ihm die besten Ergebnisse brachte. Für das ideale Gasgesetz müssen wir mit Kelvin und nicht mit Grad Celsius rechnen: 10°C sind 283 Kelvin und 30°C sind 303 Kelvin. Die Luft im Fleischerglas zieht sich also jede Nacht um (303-283)/303 = 6,6% zusammen. Diese 6,6% strömen jede Nacht an frischer Außenluft ins Glas. Nach einem Jahr (365 Nächte) sind auf diese Weise 2400%, also das 24fache des Luftvolumens im Fleischerglas ausgetauscht worden. Wir berechneten anfangs einen CO2-Gehalt im Fleischerglas von 0,55 mg. Durch diesen Austauschvorgang wurden noch weitere 13,2 mg CO2 ins Glas gesogen. Das würde immerhin schon mal für 4 Sämlinge reichen.
In Wirklichkeit wird der CO2-Einstrom aber um ein Vielfaches grösser sein. Wir müssen davon ausgehen, dass unsere hocheffektiven CAM-Sämlinge sich nachts so richtig „all-you-can-eat“-mässig am kalten CO2-Buffet im Fleischerglas bedienen, sie saugen das CO2 regelrecht auf. Dadurch entsteht ein sog. Konzentrationsgefälle (die CO2-Konzentration im Glas ist deutlich niedriger als außerhalb), welches dazu führt, dass beim nächtlichen Gaseinstrom CO2-Moleküle bevorzugt einströmen können. Man nennt diesen Vorgang Diffusion. Maximal könnten die Sämlinge jede Nacht das gesamte zur Verfügung stehende CO2 aufnehmen, welches dann in der nächsten Nacht wieder ersetzt würde usw. Somit kämen wir übers Jahr auf ein theoretisch maximal mögliches CO2-Angebot von 365 * 0,55mg = 200 mg CO2, welches für das Wachstum von ca. 70 Sämlingen ausreichen würde. Na also!
Zu guter Letzt: Ich habe in all meinen Berechnungen sehr viele Vereinfachungen vorgenommen. Nur ein Beispiel: Ich ging bei Kakteensämlingen sehr vorsichtig von einem Wassergehalt von 80% aus. Betrüge der Wassergehalt aber 90% (was durchaus realistisch ist, (holländische) Salatgurken haben einen Wassergehalt von bis zu 97%!), dann würde das CO2 für die doppelte Lebendbiomasse an Sämlingen ausreichen. Außerdem ist in den Samen ja auch bereits ein ordentlicher Vorrat an Biomasse vorhanden, welche nicht erst photosynthetisch hergestellt werden muss. Usw… usw…
Der Grund für den Erfolg der Fleischer-Methode liegt also meines Erachtens in einer Kombination der Vorteile der CAM-Photosynthese mit dem nicht luftdicht abschließenden Gefäß, welches unterstützt durch mehr oder weniger periodische Temperaturschwankungen einen Gasaustausch im Glas zulässt. Andere, zuvor genannte Theorien sind zu verwerfen, vielleicht hab ich aber noch irgendwas übersehen. Wer Ideen hat, darf (und soll!) sich bitte melden.
Ansonsten lass ich Euch jetzt in Ruh damit.
Der Zufall will es, dass ich die letzten 2 Stunden an meiner letzten Abhandlung zum Thema gesessen bin und dabei wahrscheinlich schon einige Antworten zu Deiner Fragestellung formuliert habe. Schau doch selber mal, ob Dir meine Theorie gefällt:
So, dann werde ich mal meine Meinung von mir geben, warum die Aussaat im Fleischerglas überhaupt nur gelingen kann.
Vorweg eine kurze Erinnerung: Aus 1 mg CO2 können Pflanzen 4 mg Glucose und damit auch ca. 4mg Trockenbiomasse aufbauen. Bei 80% Wassergehalt des Pflanzengewebes bringt das 20 mg Lebendbiomasse. Ein (idealisierterweise kugelrunder) Sämling von durchschnittlich 5 mm Durchmesser hat ein Volumen von 65 mm³. Das ist nicht viel, damit wiegt der Kleine so in etwa 65 mg. Dafür bräuchte er mindestens 3 mg CO2.
Okay soweit, aber woher nimmt der Sämling jetzt diese 3 mg CO2.
Ich habe nun gelesen und gelernt, dass Fleischer selbst 1-Liter-Einmachgläser (ich postuliere einen Glasdurchmesser von 10cm) benutzte und diese zu nur 2,5 bis 3 cm mit Substrat füllte. Also waren zum Zeitpunkt der Aussaat ca. 800 ml Luft im Glas mit darin enthaltenen 0,55 mg CO2. Wie schon einmal erwähnt, wäre damit ein nachhaltiges Wachstum unmöglich.
Jetzt tut´s wieder ein bisschen weh: Schlaue Leute (gemeint sind Physiker und Chemiker) kennen das ideale Gas-Gesetz. Dieses besagt, dass bei gleichbleibendem Druck das (mathematische) Produkt aus dem Gasvolumen und der herrschenden Temperatur immer gleich ist. Das heißt nichts anderes, als dass ein Gas sich ausdehnt, wenn es wärmer wird und sich wieder zusammenzieht, wenn es kälter wird. Macht doch mal den einfachen Versuch: Nehmt eine dünnwandige, aber gut verschließbare PET-Flasche (z.B. eine billige Mineralwasserflasche vom discounter). Die Flasche sollte völlig entleert und auch schon ausgetrocknet sein. Nun stellt die geöffnete Flasche mal ein Stunde in die volle Sonne. Dann verschließt Ihr die Flasche richtig fest und stellt sie in den Kühlschrank. Was Ihr dann nach zwei Stunden im Kühlschrank wiederfindet, nennen Physiker das ideale Gasgesetz: Die Flasche hat sich deutlich zusammengezogen.
Fleischers Einmachgläser können sich nicht wie PET-Flaschen zusammenziehen, das Gas (Luft) in den Gläsern aber schon. Beim Zusammenziehen der Luft im Fleischerglas würde ein Unterdruck entstehen. Dieser wird aber sofort durch einströmende Außenluft wieder ausgeglichen. Ein Original-Fleischerglas ist zwar mit Ringgummi und Deckelklammern versehen, aber dieser Verschluss ist keineswegs luftdicht! (Luftdichte Einmachgläser erhält man nur durch längeres Erhitzen des verschlossenen Glases mit Inhalt auf mindestens 80°C. Aber das kann man ja nicht machen, wenn die Samen schon drin sind.)
So, nun schau ´mer mal, was das ideale Gasgesetz unseren Sämlingen so bringt.
Fleischer beschrieb, dass eine deutliche Nachtabsenkung der Temperatur auf 10°C (!) mit darauf folgenden Tagestemperaturen von ca. 30°C bei ihm die besten Ergebnisse brachte. Für das ideale Gasgesetz müssen wir mit Kelvin und nicht mit Grad Celsius rechnen: 10°C sind 283 Kelvin und 30°C sind 303 Kelvin. Die Luft im Fleischerglas zieht sich also jede Nacht um (303-283)/303 = 6,6% zusammen. Diese 6,6% strömen jede Nacht an frischer Außenluft ins Glas. Nach einem Jahr (365 Nächte) sind auf diese Weise 2400%, also das 24fache des Luftvolumens im Fleischerglas ausgetauscht worden. Wir berechneten anfangs einen CO2-Gehalt im Fleischerglas von 0,55 mg. Durch diesen Austauschvorgang wurden noch weitere 13,2 mg CO2 ins Glas gesogen. Das würde immerhin schon mal für 4 Sämlinge reichen.
In Wirklichkeit wird der CO2-Einstrom aber um ein Vielfaches grösser sein. Wir müssen davon ausgehen, dass unsere hocheffektiven CAM-Sämlinge sich nachts so richtig „all-you-can-eat“-mässig am kalten CO2-Buffet im Fleischerglas bedienen, sie saugen das CO2 regelrecht auf. Dadurch entsteht ein sog. Konzentrationsgefälle (die CO2-Konzentration im Glas ist deutlich niedriger als außerhalb), welches dazu führt, dass beim nächtlichen Gaseinstrom CO2-Moleküle bevorzugt einströmen können. Man nennt diesen Vorgang Diffusion. Maximal könnten die Sämlinge jede Nacht das gesamte zur Verfügung stehende CO2 aufnehmen, welches dann in der nächsten Nacht wieder ersetzt würde usw. Somit kämen wir übers Jahr auf ein theoretisch maximal mögliches CO2-Angebot von 365 * 0,55mg = 200 mg CO2, welches für das Wachstum von ca. 70 Sämlingen ausreichen würde. Na also!
Zu guter Letzt: Ich habe in all meinen Berechnungen sehr viele Vereinfachungen vorgenommen. Nur ein Beispiel: Ich ging bei Kakteensämlingen sehr vorsichtig von einem Wassergehalt von 80% aus. Betrüge der Wassergehalt aber 90% (was durchaus realistisch ist, (holländische) Salatgurken haben einen Wassergehalt von bis zu 97%!), dann würde das CO2 für die doppelte Lebendbiomasse an Sämlingen ausreichen. Außerdem ist in den Samen ja auch bereits ein ordentlicher Vorrat an Biomasse vorhanden, welche nicht erst photosynthetisch hergestellt werden muss. Usw… usw…
Der Grund für den Erfolg der Fleischer-Methode liegt also meines Erachtens in einer Kombination der Vorteile der CAM-Photosynthese mit dem nicht luftdicht abschließenden Gefäß, welches unterstützt durch mehr oder weniger periodische Temperaturschwankungen einen Gasaustausch im Glas zulässt. Andere, zuvor genannte Theorien sind zu verwerfen, vielleicht hab ich aber noch irgendwas übersehen. Wer Ideen hat, darf (und soll!) sich bitte melden.
Ansonsten lass ich Euch jetzt in Ruh damit.
norna- Kakteenfreund
- Anzahl der Beiträge : 84
Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Kennt ihr den Unterschied von Theorie und Praxis?
Theorie ist, wenn alle wissen wie es geht und nichts gelingt.
Praxis ist, wenn es gelingt obwohl keiner bescheid weiss, warum es funktioniert.
Was ausschlaggebend bei der Fleischermethode ist, das Glas nicht mehr öffnen und vorher alles möglichst sauber zu machen sowie die Erde sterilisieren. Das glas hell aber ohne direkte Sonne aufstellen. Ob und wieviel CO2 mit im Speil ist, ist egal.
Theorie ist, wenn alle wissen wie es geht und nichts gelingt.
Praxis ist, wenn es gelingt obwohl keiner bescheid weiss, warum es funktioniert.
Was ausschlaggebend bei der Fleischermethode ist, das Glas nicht mehr öffnen und vorher alles möglichst sauber zu machen sowie die Erde sterilisieren. Das glas hell aber ohne direkte Sonne aufstellen. Ob und wieviel CO2 mit im Speil ist, ist egal.
Cristatahunter- Kakteenfreund
- Anzahl der Beiträge : 20624
Lieblings-Gattungen : Keine
Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Au Mann...Ob und wieviel CO2 mit im Speil ist, ist egal.
Ironie an.
Kontruktiver Beitrag.
Applaus!
Ironie aus.
Wolfram,
vielen Dank fürs Teilen der interessanten und lehrreichen Überlegungen.
Grüße
Fred
Fred Zimt- Kakteenfreund
- Anzahl der Beiträge : 5560
Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Danke Fred,
es hat mir einfach Spaß gemacht, das mal wirklich (zumindest für mich) abzuklopfen.
Wie gesagt, meine Theorien sind nicht perfekt, erst eine wirklich gut geplante und rigoros durchgezogene Versuchsreihe würde volle Klarheit bringen.
Zu Cristathunter muss ich allerdings sagen: Was ein Glück, dass der liebe Gott Dich nicht zum Berater genommen hat. Pflanzen (und damit wir alle) leben vom CO2!
Es ist nicht sch... egal.
So ein Kommentar macht mich wirklich sauer!
es hat mir einfach Spaß gemacht, das mal wirklich (zumindest für mich) abzuklopfen.
Wie gesagt, meine Theorien sind nicht perfekt, erst eine wirklich gut geplante und rigoros durchgezogene Versuchsreihe würde volle Klarheit bringen.
Zu Cristathunter muss ich allerdings sagen: Was ein Glück, dass der liebe Gott Dich nicht zum Berater genommen hat. Pflanzen (und damit wir alle) leben vom CO2!
Es ist nicht sch... egal.
So ein Kommentar macht mich wirklich sauer!
norna- Kakteenfreund
- Anzahl der Beiträge : 84
Re: Aussaat nach Fleischer - klassisch im Glas?
Mich auch.So ein Kommentar macht mich wirklich sauer!
Wenn man die Überlegungen im Hinblick auf die praktische Anwendung
für irrelevant hält müßte man eigentlich nicht kommentieren.
Aber man darf sich natürlich gerne öffentlich zum Seppel machen.
Verleihen wir an dieser Stelle mal die silberne Ignoranzmedallie am Büffelhaarband
und tun dann so, als ob nix wär.
Nachdem ich in Beitrag 40 die für mich genauso unschuldige wie berechtigte Frage
nach dem Kohlendioxid stellte hat sich der C. gleich aus dem Forum verabschiedet,
weil er derartige Überlegungen überhauptnicht verkraftet hat.
Grüße
Fred
Fred Zimt- Kakteenfreund
- Anzahl der Beiträge : 5560
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