Was ist los mit Copiapoa cinerea?

Ich habe mich die letzten Tage ein wenig in englischsprachigen Kakteen-Diskussionsplattformen (d.h. dominiert von US-Amerikanern, aber auch durchaus international) herumgetrieben. Dabei bin ich mehrfach über Fotos von/ Berichte über Copiapoa cinerea gestoßen, die anscheinend mit englischem Trivialnamen "lizard skin cactus" heißt -- und wie das bei Trivialnamen so ist, wird natürlich der gleiche Name auch für andere Copiapoen mit ähnlicher Epidermis verwendet.
(Ich bin ja Fan davon, der Präzision halber lateinische Artnamen zu verwenden, was hier im Forum ja auch Usus ist, aber in diesen Gesprächen waren Trivialnamen viel weiter verbreitet, als ich das gewohnt bin.)

Nun ja, ein Bericht war über jemanden, der für über 200$ eine kleine Copiapoa cinerea (so 3cm) gekauft hat, die ihm dann vom Tisch gefallen ist. Er hat's nicht gemerkt und ist draufgetreten. Autsch.  

Ich habe allerdings hauptsächlich gedacht: 200$ für eine kleine Copiapoa?

Eine kurze Google-Suche führt mich auch zu mehreren Seiten im europäischen Raum mit ähnlich absurden Preisen. Uhlig hatte mal welche für deutlich weniger (Preis allerdings stark abhängig vom Standort des ursprünglichen Pflanzenmaterials), aber die sind aktuell NICHT verfügbar.

Deshalb also meine Frage: Woran liegt das? Ist C. cinerea gerade einfach total in Mode im Vergleich zum eher kargen Angebot? Ist das insgesamt eine Pflanze, die schwer zu vermehren ist? Ist das Pflanzenmaterial in Kultur begrenzt, evlt., weil natürlich heutzutage (berechtigterweise) legal keine Pflanzen vom Standort mehr entnommen werden dürfen?

Bin dankbar für Hinweise und Diskussionsbeiträge!

Ich finde C. cinerea übrigens auch total schön und würde bei Gelegenheit definitiv gerne eine haben bzw. versuchen, welche auszusäen, aber diese extrem hohen Preise sind für mich ein Warnsignal, das sagt: Finger weg!  Wenn eine Art so derartig teuer ist, ist einfach die Gefahr von illegaler Herkunft durch Wilderei, unethischen Geschäftspraktiken etc. viel zu groß.
Es gibt so viele andere schöne Copiapoa-Arten, bei denen das alles kein Problem ist.

Ah, man sollte echt Korrektur lesen vor dem Posten! Ich bitte um Entschuldigung!
Die sind aktuell bei Uhlig *nicht* verfügbar, sollte das natürlich heißen.

Hallo Charlotte,

ich habe das Wort NICHT in deinem Eingangspost mal ersetzt. Ich hoffe, das ist in deinem Sinne.

Wenn du mal bei diesem Anbieter schaust, da ist eine Pflanze verfügbar für 6,50 €. Die Erklärung für deine Frage liefert er auch gleich mit: Selten, gefragt, schwer zu vermehren. Seine wurde anscheinend 2012 ausgesät, ist also gut 11 Jahre alt, und hat eine Größe von 4 cm, wie er schreibt.

Wer Mondpreise zahlt ist sicher auch selbst Schuld, weil er/sie genau diesen Hype noch befeuert. Siehe Hybriden, da ist es auf den Verkaufsplattformen ja nicht anders.

Schöne Grüße,
Elke

Hallo Charlotte,

Bis zu einer gewissen Größe wächst Copiapoa cinerea relativ gut, da finde ich dann Preise, für die teilweise kleine Pflanzen verkauft werden auf diversen Plattformen enorm.

Bis man allerdings eine größere Pflanze mit über 10cm hat dauert es viele Jahre. Und kaum jemand hat eine größere Menge an adulten, und somit blühfähigen Pflanzen um entsprechendes Saatgut zu erzeugen. Die Samen meiner Copiapoa cinereas kannst Du unter Kakteen Köhres kaufen. Gerhard hat erst im August frischen Samen von mir bekommen, dieser keimt sehr gut und zuverlässig.

[Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um das Bild sehen zu können.]

Vielen Dank, Elke!

Diese extremen Preisunderschiede machen das Ganze irgendwie noch verwirrender, aber wahrscheinlich nur ein Zeichen dafür, dass diejenigen, die diese horrenden Preise zahlen, es einfach nicht besser wissen.

Ein Hoch auf Michi, der offensichtlich nicht versucht, aus der Situation Kapital zu schlagen. Das Risiko ist natürlich immer, das dann irgendein Opportunist vorbeikommt, den Vorrat aufkauft und für den 10-fachen Preis auf Ebay stellt.
(Oh Gott, ich hoffe, ich bringe hier niemanden auf Ideen.)

Daniel, was für eine wundervolle Pflanze!

Wenn man hier im Forum nach dieser Art sucht, bekommt man vor allem Fotos von deiner (oder deinen? Nicht sicher, ob es mehrere sind); ganz toll zu sehen. Und vielleicht auch ein Hinweis darauf, dass eben nicht so viele Leute eine solche Pflanze hinkriegen.

Danke auch für den Hinweis auf Köhres, das will ich doch gerne mal probieren. (Bisher liefen Copiapoa-Aussaaten bei mir richtig gut, aber da die ältesten Aussaaten erst 2 Jahre alt sind, kann ich zu langfristigen Kulturerfolgen noch nichts sagen. Ich habe zwei alte Copiapoen aus der aufgelösten Sammlung de Herdt; die machen sich bisher auch super. Aber in der Mitte habe ich praktisch nichts.)

Dass Copiapoa cinerea derzeit eine totale Hype-Pflanze ist, kann man auch auf Börsen in Deutschland feststellen.
Nur sind hier die Preise noch moderater.

Dass Pflanzen unter 10 Euro im großen Stil aufgekauft werden, ist inzwischen üblich. Da gibt es keine schlafenden Hunde, die geweckt werden können.
Samen von Copiapoen keimen eigentlich immer sehr gut. Die Frage ist nur, wie gut und sauber sind die Samen?
Wer nicht vor der Blüte mit Gaze-Schutz oder separaten, bestäuber-freien Räumen arbeitet, hat gute Chancen Hybrid-Samen zu produzieren.
Ich schätze mal, dass derzeit 80-90 Prozent der günstig angebotenen Samen in diese Kategorie fallen. Bei vielen Pflanzen dürfte es ähnlich sein.
Sauber produzierter Samen ist bei Copiapoen sehr arbeits- und zeitaufwändig! Was aber leider nicht heißt, dass teuer angebotener Samen immer sauber ist.
Wer in Chile bei Copiapoen nach Samen sucht, kann durchaus für eine Frucht locker mal eine Stunde einplanen - oder er hat Glück und findet schneller was (ist aber nicht unbedingt zu erwarten). Nur darf der Samen nicht mehr ohne phytosanitäres Zeugnis nach Europa eingeführt werden. Also - sauberes, gutes Saatgut ist nicht so leicht zu bekommen.

Es gibt aber grundsätzlich Unterschiede zwischen z.B. Amerika und Deutschland, was die Preise für Kakteen und andere Sukkulenten betrifft.
Ein ca. 4 Jahre alter "normaler" Echinocereus ist in Amerika für ca. 12 USD zu haben. Auf die Preise angesprochen, sind die für US-Amerikaner aber durchaus normal. Der Händler muss ja schließlich Steuern zahlen, seine Mitarbeiter bezahlen und selber auch davon leben können. Das bekommt man als erklärende Antwort. Dafür gibt es aber auch Spezial-Händler, die an allen Tagen in der Woche offen haben und verkaufen. Davon gibt es hier in Deutschland nicht mehr viele (mir fallen gerade mal drei, vier ein!). Ich kann und will nicht entscheiden, ob wir mit unserer "Billigvariante" langfristig besser dran sind. Ich melde aber schon mal vorsichtig Zweifel an. Aber das ist ein Thema, über das man lange und viel diskutieren kann.

Liebe Grüße
Nobby

Hallo Nobby,

ah, das sind nochmal interessante Aspekte der Diskussion.

Wie schwierig es ist, Copiapoa artrein zu halten, wusste ich nicht.

Höhere Pflanzenpreise in den USA sind mir dort selbst nicht so stark aufgefallen, aber ich habe auch nur eine Handvoll gekauft. Ein paar von den Huntington Botanical Gardens (International Succulent Introductions) zu sehr fairen Preisen, fand ich, und noch ein paar Aloen (u.a. Hybriden) von einer Sukkulentengärterei, die für mich auch normal teuer wirkten. Ich habe also den Eindruck, dass die Spezialanbieter dort für die meisten Sukkulenten durchaus vergleichbare Preise haben wie hier; etwas teurer mag's sein, aber praktisch alles ist in den USA etwas teuer.

Aber ja, wenn Leute in diesen Foren Preise aus eher Mainstream-Angeboten (online oder offline) posten, lege ich zum Teil die Ohren an -- 60$ für eine relativ große (aber nicht außergewöhnlich große) Mammillaria plumosa?! Mein Verdacht ist, dass das dann oft Verkäufer sind, die sich an Leute richten, die recht neu beim Hobby Kakteen oder Zimmerpflanzen (dort werden Kakteen noch viel mehr als Zimmerpflanzen verstanden als hier, habe ich den Eindruck) sind, wenig Erfahrungen haben und Modetrends stärker folgen. 17$ für einen Pott Drachenfrucht-Sämlinge? Die ziehe ich mir selbst in kürzester Zeit für einen Bruchteil!
Bei einem Pflanzenladen vor Ort in Cambridge MA habe ich mal nach dem Preis für so einen Buntnessel-Kultivar geschaut und war erstmal etwas geschockt -- andererseits sind gerade im Innenstadtbereich Boston/Cambridge die Preise für alles und jedes extrem hoch -- die Lebenshaltungskosten sind hoch, die Ladenmieten sind hoch, die Gehälter sind hoch; da gibt's gar keine andere Möglichkeit. Aber weg von den Küsten sind die USA natürlich insgesamt viel billiger.

CharlotteKL schrieb:
Ein Hoch auf Michi, der offensichtlich nicht versucht, aus der Situation Kapital zu schlagen. Das Risiko ist natürlich immer, das dann irgendein Opportunist vorbeikommt, den Vorrat aufkauft und für den 10-fachen Preis auf Ebay stellt.
(Oh Gott, ich hoffe, ich bringe hier niemanden auf Ideen.)

Nein, seriöse Händler haben meist auch seriöse Preise. Bei meinem Besuch bei Michi vor kurzem sagte er mir, dass "gewisse" Leute (die in der Kakteenwelt recht bekannt sind und teilweise schon Mittelsmänner nutzen um nicht direkt aufzufallen) bei ihm Hausverbot haben. Es ist ziemlich krass was gerade im Hinblick auf Copiapoen abgeht.

Den Verkäufern kann man prinzipiell keinen Vorwurf machen, solange es Kunden gibt, die diese Preise zahlen. Was mich echt ank***, ist, das diese Anbieter z.B. die kostenlosen Inserate in der KuaS benutzen um - natürlich rein privat - Sammlungen mit Chilenen o.ä. aufkaufen und sie dann bei Ebay zu horrenden Preisen anbieten. Ich habe die DKG auch über dieses Vorgehen informiert, leider bislang ohne Resonanz.
Die Ebay Acounts laufen übrigens auch unter "privat" (bei über 2000 Bewertungen), die selbst kümmert das wenig, aber vielleicht ein Finanzamt?  
Ich kann nur davon abraten bei diesen Ebay-Käufern Pflanzen zu erwerben, nach meiner Erfahrung hat man es hier z.T. mit reinen Geschäftsleuten zu tun die wenig über die Pflanzen wissen (teilweise stimmt noch nicht mal die Gattung) und auch deren Zustand nicht wirklich beurteilen können.

Ich denke auch, von Ebay sollten man unbedingt die Finger lassen, wenn es um "Trendpflanzen" geht, die nicht offensichtlich Kultivare sind. Da ist die Herkunft doch total fragwürdig!

Und es stimmt, wenn schon irgendjemand mit diesen seltenen Kakteen richtig Geld macht, dann ist es besser, wenn es die Gärtnerei ist, die den Kaktus auch wirklich aufgezogen hat. Insofern würde ich das Verkäufern wie Michi auch nicht übel nehmen, wenn er mit dem Preis hochgeht. Sonst besteht ja eben das Risiko, dass Leute, die nur auf schnellen Profit aus sind, die Pflanzen weiterverkaufen.

Für mich ist die Lehre da echt, dass man von den trendigen Copiapoen aktuell besser die Finger lassen sollte, wenn man sie nicht von Bekannten bekommt. In ein paar Jahren ist wahrscheinlich der Hype-Train weitergefahren und wieder was anderes in Mode. Dann kann man sicher diese Pflanzen auch wieder besseren Gewissens kaufen.

Hoffentlich sind bis dahin die Originalstandorte noch nicht alle leer-gewildert...

Ich kümmere mich jetzt halt um die, die ich habe, und um meine Aussaaten. Ich habe vor etwas über zwei Jahren von einem Freund meines Vaters, der langjähriger Kakteenliebhaber ist, eine Copiapoa-Samen-Wundertüte bekommen. Die keimen super und ich kann mich überraschen lassen, was da so für Pflanzen rauskommen.