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Tipps zu Aussaatsubstrat und Aussaat

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aussaat - Tipps zu Aussaatsubstrat und Aussaat Empty Tipps zu Aussaatsubstrat und Aussaat

Beitrag  william-sii Mi 22 Feb 2012, 09:54

Fachbeitrag zur Herstellung von Aussaaterde und Aussaat von Kakteen

Jeder hat seine eigene Mischung oder Quelle für Aussaaterde, deshalb möchte ich hier nur meine Gedanken/ Erfahrungen darlegen. Diese Zeilen sind in erster Linie für Anfänger gedacht.


  • Jedes Ausgangsmaterial sollte vollkommen trocken sein, damit man es gut sieben kann


  • Ich siebe jede Komponente erst mit einem 1-mm-Sieb (Fliegendraht). Alles was da durchfällt kommt nicht in die Aussaaterde, weil es zum Verkleben neigt. Den Rest siebe ich durch ein 3-mm-Sieb. Alles was da durchfällt kommt in die Aussaaterde, alles was gröber ist kommt in die Pflanzerde.
    Eine Alternative, die für besonders feine Samen geeignet ist: Bims von unter 1 mm Korngröße wird in ein Tuch gefüllt und unter fließendem Wasser gewaschen. So wird der klebende Anteil ausgewaschen, das Substrat bleibt locker.


  • Mit dem gemischten Substrat fülle ich eine 3-Liter-Glasschüssel randvoll, verteile ca. 300 ml Wasser auf dem Substrat, lasse das Wasser durchziehen, lege den Glasdeckel auf und stelle die Glasschüssel für 10-15 Minuten in die Mikrowelle (volle Pulle). Danach nehme ich die Schüssel mit Küchenhandschuhen aus der Mikrowelle und lasse das Ganze abkühlen. Während des Abkühlens hebe ich etwa jede halbe Stunde den Glasdeckel ab und kippe das am Deckel kondensierte Wasser weg, damit das Substrat nicht mehr nass, sondern nur noch feucht ist. Wenn es schnell gehen soll kann man rein anorganisches Substrat auch ohne Wasser sterilisieren. Aber Vorsicht, nie organisches Material ohne Wasser in der Mikrowelle sterilisieren, es kann brennen.


  • Die Samen werden gebeizt gegen Auflaufpilze. Achtung: Aatiram ist in höheren Konzentrationen keimhemmend. Ich kippe die trockenen Samen in ein Reagenzglas, gebe eine winzige Menge Aatiram dazu und schüttele kurz. Danach kippe ich die Samen auf ein feines Sieb (Planktonsieb aus dem Aquarienhandel) und siebe überflüssiges Aatiram ab.
    Man kann auch alternativ nach der Aussaat die Erde mitsamt den Samen mit Schachtelhalmextrakt (Verdünnung nach Vorschrift) besprühen. Bei sauberen Samen und mit Chinosol im Anstauwasser kann man auf das Beizen verzichten.


  • Ich befülle Vierecktöpfe 5x5x4,5 cm bis knapp unter den Rand mit Aussaaterde und drücke die Erde mit einem Hölzchen (oder dem Schiebedeckel von einem Zimmergewächshäuschen) leicht an, streue die Samen darauf und bedecke sie mit einer ca. 1 mm dicken Schicht Vogelkohle (von Dehner) und drücke das Ganze noch mal leicht an.
    Man kann auch jedes andere Gefäß nehmen, wichtig ist, dass im Boden einige Löcher sind. Die Löcher dürfen aber nur so groß sein, dass kein Substrat herausrieseln kann.
    Die Vogelkohle hat den Vorteil, dass die Wurzeln bei der Keimung besser nach unten ins Substrat wachsen, weil die Wurzeln negativ phototroph sind, also vom Licht weg wachsen.
    Vorsicht: Feiner Quarzsand als Abdeckung verklebt schnell, und man sieht nicht rechtzeitig, wann die Erdoberfläche trocken wird. Außerdem wachsen die Wurzeln dann in alle Richtungen.


  • Die fertigen Aussaatgefäße stelle ich in ein Gefäß mit handwarmer Chinosol-Lösung (1 Tablette 0,5er oder 1/2 Tablette 1er Chinosol auf 1 Liter Wasser), bis die Oberfläche durch die aufsteigende Feuchtigkeit dunkler wird. Kein Neochinosol verwenden, das verhindert die Keimung. Bei rein mineralischem Aussaatsubstrat sollte man eine stark verdünnte (ca. 1/5-1/10 der angegebenen Menge) Düngerlösung zum Anstauwasser zugeben.


  • Dann kommen die Aussaatgefäße in Zimmergewächshäuschen, dessen Lüftungsöffnungen ich gegen Trauermücken mit Gartenvlies überklebt habe. Die undurchsichtigen Lüftungsschieber habe ich vorher entfernt, stattdessen lege ich passende Plexiglasscheiben über die Lüftungsöffnung. Die Sämlinge brauchen zum Keimen Licht, allerdings kein direktes Sonnenlicht, und Temperaturen tagsüber von ca. 25 °C. Nachts darf die Temperatur auf 20-15 °C fallen, das fördert die Keimung. Stellt man die Zimmergewächshäuschen dicht unter eine Leuchtstoffröhre (ca. 3 cm Abstand zwischen Rühre und Deckel), so erreicht man im Winter diese Temperaturen. Sät man erst im April oder Mai aus, so braucht man keine Zusatzbeleuchtung, man muss aber dann eventuell, je nach Standort, gegen zu starke Sonnenstrahlung mit Gartenvlies schattieren. Die Bauanleitung für einen Anzuchtkasten aus 3 cm dicken Styroporplatten finden sie in einem anderen Thread.
    Alternativ kann man die Aussaatgefäße auch in eine durchsichtige Plastiktüte stellen und diese dicht verschließen, oder man sät die Samen in einem Einmachglas aus, das man luftdicht verschließen kann (= Fleischer-Methode). Dort bleiben die Gefäße mehrere Monate (bis zu über einem Jahr bei sehr feinen Samen) verschlossen, damit keine Pilzsporen hineingelangen. Bei Plastikschalen mit durchsichtigem, flachem Deckel oder bei Frischhaltefolie als Abdeckung kann sich Schwitzwasser auf der Innenseite des Deckels bzw. der Folie bilden und auf die Sämlinge tropfen. Das kann zum Faulen der Sämlinge führen. Achten sie beim Kauf von Zimmergewächshäuschen darauf, dass der Deckel nach innen überlappt. So läuft das Kondenswasser innen in die Unterschale und nicht nach außen ab.


  • Wenn die Keimlinge die ersten zarten Dornen bilden kann man mit dem Abhärten beginnen, indem man täglich den Deckel des Zimmergewächshäuschens etwas länger öffnet oder die über den Lüftungsöffnungen liegenden Plexiglasscheiben verschiebt oder ganz entfernt. Zeigen sich Algen, so kann man diese durch Öffnen des Deckels bis zum Abtrocknen der obersten Bodenschicht austrocknen oder zumindest im Wachstum bremsen.
    Trocknet die Oberfläche ab, so kann man sie durch Besprühen mit handwarmem Wasser wieder befeuchten. Besser ist jedoch ein erneutes Anstauen von unten, denn beim Besprühen besteht die Gefahr, dass zwar die Oberfläche wieder feucht ist, die darunter liegende Bodenschicht aber noch trocken ist. Erst wieder anstauen, wenn die Oberfläche vollkommen trocken ist (Probe mit einem Zahnstocher o.ä.).


  • Je mehr Samen pro Aussaatgefäß gesät werden, desto eher muss man pikieren. Es ist also besser, nur ca. 20 Samen pro 5x5-cm-Topf auszusäen. Entwickeln sich die Sämlinge gut, so kann man sie ab März-April bis zum Frühherbst pikieren. Wachsen sie nur zögerlich, so kann man sie im Aussaatgefäß überwintern und erst im nächsten Jahr pikieren, wenn sie kräftig genug sind. Generell gilt beim Pikieren: Die Sämlinge wachsen besser, wenn man sie so pikiert, dass zwischen ihnen etwa 1-1,5 Sämlingsdicke Platz ist.
    Sät man bis etwa März, so braucht man zwar eine Zusatzbeleuchtung und je nach Standort eventuell auch eine Heizung, die Sämlinge sind dann aber im Spätherbst schon so groß, dass man sie kalt und trocken überwintern kann.


Verschiedene Aussaatmaterialien:

1) Allgemeines:

  • Idealerweise sollte der pH-Wert der Aussaaterde bei 6-7 liegen. Bedenken sie jedoch, dass sich der pH-Wert durch Gießen mit hartem Leitungswasser mit der Zeit erhöht und dadurch ungünstig für Sämlinge wird. Also möglichst mit weichem Leitungswasser oder mit abgekochtem Regenwasser gießen.


  • Bei rein mineralischer Aussaaterde haben Trauermücken keine Chance. Mit Ausnahme von Bims und verschiedenen organischen Materialien ist jedoch die Mineralienverfügbarkeit gering bis nicht vorhanden. Man muss also spätestens 14 Tage nach dem Auflaufen vorsichtig mit Düngerlösung "zufüttern", am Besten in etwa der fünf- bis zehnfachen Verdünnung wie angegeben.


  • Bei Aussaaterde mit organischem Anteil besteht die Gefahr, dass sich Trauermücken oder Springschwänze einnisten und die Sämlinge fressen. Man kann dem vorbeugen, indem man entweder das Saatgefäß in einer durchsichtigen Plastiktüte dicht verschließt (= Fleischer-Methode) oder indem man Gartenvlies über die Lüftungsöffnungen der Anzuchtbehälter klebt.


  • Bei Aussaaterde mit organischem Anteil und bei Verwendung von Perlite besteht eine erhöhte Gefahr, dass sich trotz Sterilisation Algen bilden. Diese können die Oberfläche der Aussaaterde mit einer schleimigen Schicht überziehen und im Extremfall die Sämlinge ersticken, faulen lassen oder beim Abtrocknen abheben. Sobald sich Algen zeigen sollte man sie durch vorsichtiges Lüften austrocknen. Zusätzlich sollte man die veralgte Oberfläche mit z.B. einem Zahnstocher auflockern, damit sie schneller abtrocknet.


2) Mineralische Materialien:

  • Lavalith: Ist schwarz oder dunkelbraun und relativ schwer, hat meist einen pH-Wert um 7. Gute Porosität. Man bekommt es preisgünstig im Winter als salzfreies Streugranulat. Lavasand ist die feine Variante.


  • Bims: Ist sehr leicht, kann aber je nach Herkunft einen pH-Wert von bis zu 8,5 haben (deutscher Bims hat meist einen pH-Wert um 7, griechischer Bims dagegen einen pH-Wert von ca. 8 ). Sehr gute Porosität. Man bekommt ihn z.B. sackweise bei Raab-Karcher als Trockenschüttung Duoraab TS oder TS-D (mit Schiefersplit) oder bei [Sie müssen registriert oder eingeloggt sein, um diesen Link sehen zu können]


  • Rheinsand/ Aquareinkies: Ist grau und schwer, hat einen pH-Wert von etwa 7. Keine Porosität. Wenn er nicht trocken ist bleiben beim Sieben Staubpartikel an den Sandkörnern hängen, was zum Verkleben neigt.


  • Grubensand: Ist gelblich und schwer. Je nach Herkunft kann der pH-Wert deutlich über 7 liegen, seltener auch darunter. Keine Porosität. Gegeben falls erst auswaschen oder die Feinbestandteile unter 1 mm aussieben.


  • Perlite: Aufgeschäumtes Quarzgestein. Ist weiß, sehr leicht und der pH-Wert liegt um 7. Bekommt man sackweise als Trockenschüttung im Baumarkt. Maximal 30% zugeben und nur unten in den Topf als Drainage, denn Perlite neigt beim Gießen zum Aufschwemmen und ist ein wahrer Algenmagnet. Als Drainage fördert Perlite aber die Wurzelbildung.


  • Quarzsand: Ist weiß, schwer und der pH-Wert liegt unter 7. Keine Porosität. Erhältlich im Baumarkt. Nicht den ganz feinen Quarzsand kaufen, er verklebt garantiert.


  • Thomas Katzenstreu nicht klumpend: In der gelben Packung. Sepiolith ist weiß bis gelblich, relativ leicht und hat einen pH-Wert von über 8,5. Mittlere Porosität. Trotz des hohen pH-Werts haben einige Züchter gute Erfahrungen damit gemacht. Zur Senkung des pH-Werts kann man unten im Aussaatgefäß 1 cm hoch feuchten Torf einbringen. Neuerdings soll aber die Zusammensetzung von Thomas Katzenstreu geändert worden sein, es soll jetzt nicht mehr zur Aussaat geeignet sein.



  • Blähtonbruch: ist schwarz-braun, mittelschwer und hat einen pH-Wert von über 9. Mittlere Porosität. Man bekommt ihn sackweise im Baustoffhandel als Trockenschüttung (z.B. Liadrain) oder auch als Winterstreu.


  • Kieselgur: Gebrannte Diatomeenerde ist meist rötlich, leicht und hat einen pH-Wert von ca. 4,5. Sehr hohe Porosität. Erhältlich in bestimmten Kakteengärtnereien oder als Filtermaterial für Schwimmbäder oder als Avancat bei Fressnapf (nur im Onlineshop). Die Beimischung von maximal 30% Kieselgur zu Kakteenerde soll den Befall mit Schmier-, Woll- und Wurzelläusen verhindern. Der Staub von Kieselgur soll allerdings krebserregend sein.


  • Vermiculit: Ist ein aufgeschäumtes Glimmermineral. Er ist grau, leicht und hat einen pH-Wert von ca. 7. Hohe Porosität, wasserspeichernd und gleichzeitig belüftend.


  • Styromull: Flocken aus Styropor sind weiß, sehr leicht und pH-neutral. Geringe Porosität. Wegen des geringen Gewichts und der damit verbundenen Aufschwemmung nicht geeignet.


  • Zeolith: Ist eine Gruppe von Silikatmineralien. Weiß, grau, rosa oder grünlich, mittelschwer und der pH-Wert liegt meist um 7-7,5. Mittlere Porosität und hohes Wasserhaltevermögen. Zeolith fungiert als Ionenaustauscher und kann große Mengen an Ammonium-,Chlorid- und Schwermetallionen binden. Erhältlich u.a. bei Aquarien-, Teich- und Schwimmbadbedarf.


  • Ziegelsplit: ist rötlich, der pH-Wert liegt deutlich über 7, meist bei ca. 9. Ziegelsplit hat eine mittlere Porosität. Da die Ziegelsplitter scharfkantig sind besteht beim Umtopfen die Gefahr von Wurzelbeschädigungen.


3) Organische Materialien:

  • Kokosfasern: Erhältlich getrocknet und gepresst in Brikettform, z.B. Kokohum. Muss vor Gebrauch erst mit Wasser aufquellen, dann muss das überflüssige Wasser erst wieder herausgedrückt (z.B. in einen alten Hemdsärmel füllen und draufstellen) und dann wieder gelockert werden. Der pH-Wert liegt bei 5-6. Kokohum besitzt hohe Struktur- und Faserfestigkeit und ein ausgezeichnetes Wasserhaltevermögen und schrumpft nicht beim Austrocknen, außerdem hat es einen hohen Luftanteil und ist frei von Unkrautsamen. Kokosfasern besitzen keine Mineralienverfügbarkeit, man sollte deshalb gleich bei der Aussaat mit schwacher Düngerlösung anstauen. Es besteht die Gefahr dass sich Trauermücken einnisten.


  • Torf: Ist sehr sauer (ph-Wert um 4) und extrem mineralienarm. Als alleiniges Aussaatsubstrat unbrauchbar, aber geeignet als Beimischung zu alkalischen Materialien. Hier empfiehlt es sich, 1 cm feuchten Torf unten im Topf vor dem Anstauen einzubringen. Wenn Torf trocken ist nimmt er nur sehr langsam wieder Feuchtigkeit auf. Torf zieht die Trauermücken an.


  • Blumenerde: Wird hergestellt aus gering zersetztem Torf (H3-H5), heute oft auch unter Zugabe von Müllkompost. Er ist für Sämlinge viel zu stark gedüngt, außerdem enthält er häufig Pilzsporen und Unkrautsamen. PH-Wert meist 5,5-6,5.


  • Graberde: Enthält stark zersetzten Torf (H7-H9), teilweise wird noch Braunkohlenstaub beigemischt zum Abdunkeln. Der pH-Wert liegt bei ca. 5-6,5. Graberde ist meist schwächer gedüngt als Blumenerde, aber immer noch zu viel für Kakteensämlinge. Wegen des stärkeren Zersetzungsgrades meist frei von Pilzsporen und Unkrautsamen. Als alleiniges Substrat ungeeignet, aber ideal als Beimischung.


  • Kompost: In alten Kakteenbüchern wird oft Buchenlaubkompost als Komponente angegeben. Der pH-Wert liegt um 5-6. Allerdings sollte der Kompost sehr gut abgelagert und mehrmals umgesetzt sein (mindestens 3 Jahre alt), damit er gut verrottet ist und nicht mehr so viele Pilzsporen enthält. Je feiner er ist, desto eher besteht die Gefahr des Zuschlämmens, je grober er ist, desto größer ist die Gefahr der Verpilzung.


  • Gartenerde: Ist völlig ungeeignet, da sie schnell verschlämmt. Wenn man unbedingt Gartenerde nehmen will, dann sollte man sich Erde von frischen Maulwurfshaufen holen, weil darin weniger Unkrautsamen und Pilzsporen sind.


  • Rindenmulch: Ist völlig ungeeignet, da es zum Verrotten neigt und die Trauermücken anzieht.


  • Pinienrinde: Gibt es in verschiedenen Körnungen, für Aussaaterde eignet sich die Körnung bis 5 mm, erhältlich z.B. im Gartencenter als Grabdekor. Pinienrinde ist trocken hellbraun, feucht dunkelbraun, hat einen pH-Wert von 4,5 und verrottet nur sehr langsam. Ideal als Zuschlagstoff für die Anzucht und Kultur von Epis.


Zuletzt von Dennis.R am So 20 Okt 2024, 14:37 bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet (Grund : Fachbeitrag editiert)
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